Wiederauferstehung?

Scrolle ich durch meine Blogroll und klicke willkürlich mal hier, mal da hin, dann tun sich mir leere Bloghülsen auf. Das Blogsterben hat vor einigen Jahren begonnen und blieb nur vor einigen Riesen stehen, die bis heute nahezu täglich bloggen. Stattdessen hat sich ein Großteil des Internetlebens auf die großen Plattformen verlagert, wo die langen Texte Platz finden müssen. Sie quetschen sich unter ein Bild und gehen einige Slides im Bild weiter, verteilen sich weiter in die Kommentare oder die Stories, werden getwittert oder getanzt. Ich bin davon ja nicht ausgeschlossen, bei mir kam die Plattformgewichtung zusammen mit neuem Job und erstem Kind, danach war wenig Schreibbedarf(-zeit) von meiner Seite da und dann kam noch ein Kind und kurz darauf Corona und letztendlich vor einem Jahr der Beginn meines Masterstudiums. Vielleicht hat das Verfassen von wissenschaftlichen Texten auch meinen Wunsch wieder geweckt, Alltagssituationen, die mein Inneres erheitern, bewegen oder aufwühlen, in Worte zu packen und von anderen lesen zu lassen. So anonym wie möglich, so persönlich wie möglich, so frei wie möglich. Ob eine Wiederauferstehung unter diesen Umständen wohl möglich ist? Ich werde es sehen.

Der Lichttunnel

Der Mann schaut mir in die Augen und raunt mir zu: „Die wird abgerissen, wussten Sie das?“. Dabei zeigt er auf eine Autobahnbrücke. Ich nicke ihm schnell höflich zu und wende mich wieder meiner Freundin zu, mit der ich mich gerade eigentlich angeregt unterhalte. Der Mann mit dem stechenden Blick schleicht um mich und meine Freundin herum, wir versuchen ihn zu ignorieren und reden weiter. „Das ist eine Lichtstraße, die Liebe und der Löwe werden zerrissen. Schöne Frau, hören Sie mir zu.“. Äh nein, das möchte ich lieber nicht, denke ich und verabschiede mich von meiner Freundin, winke dem Mann schnell zu. Unhöflichkeit kann man mir wirklich nicht vorwerfen, denke ich und trete schnell in die Pedale, um ihn hinter mir zu lassen. Anschließend widme ich mich solch weitreichenden Entscheidungen wie: welches Klopapier passt auf mein Rad und was genau hat mich nochmal in diesen Drogeriemarkt getrieben? Achja, eine Treuepunkteaktion, diese habe ich in den letzten Jahren zu schätzen gelernt. Ich werde alt und benutze Redewendungen wie „Kleinvieh macht auch Mist“ und lache hinterdrein schulterzuckend. Nachdem ich einen Teil mit der App bezahlt habe, schwinge ich mich wieder aufs Rad, die Klopapierpackung ragt vorne wie ein Schutzschild aus dem Korb, diese Peinlichkeit empfinde ich schon seit Jahren nicht mehr, denn jeder muss mal aufs Klo, nicht? An der großen Kreuzung spiele ich wieder das Spiel „welche Ampel springt zuerst an und komme ich in einem Rutsch auf die andere Seite?“, das ich regelmäßig verliere. Ampelphase 1 habe ich gewonnen, Ampelphase 2 sogar zweifach verloren. Als ich auf der letzten Insel warte, erblicke ich erneut Herrn Lichttunnel. Und er mich, unglücklicherweise. Er spaziert bei rotem Fußgängerlicht zu mir rüber und offenbart mir: „Weißt du, ich liebe die Frauen!“. Aha. Dann ist alles klar. Oder auch nicht.

Die Insel ist klein für uns beide. Ich fühle mich nicht wenig bedrängt und bin sehr froh, grün zu bekommen, fahre davon und sage alles klar, tschüss. Puh. Einkauf mit Hindernissen. Aber danke für die Infos.

Jeden Tag eine solche Erleuchtung und ich bin übermorgen die Sonne.